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Neben dem Motorradfahren schreibe ich hin und wieder Ereignisse und Begebenheiten in einer kleinen Geschichte auf. Die Geschichten basieren zu großen Teilen auf tatsächlichen Ereignissen, ich habe mir jedoch die künstlerische Freiheit genommen, diese etwas "auszuschmücken". Es sind Geschichten von Motorradfahrern für Motorradfahrer und ich wünsche viel Spass beim lesen!
Kürzlich war ich mal wieder am Gardasee, na ja, eigentlich war ich nicht am See, sondern im trentinischen Outback unterwegs. Es gibt da ja eine Vielzahl an kleinen, einsamen und kurvigen Strassen auf denen man Wochentags auch schon mal ganz allein unterwegs ist.
Diesmal war ich mit dem Beamer (K1200S, Anm.d.R.) da. Die Duc hat ja im letzten Jahr ihre Chance gehabt und bewiesen, dass man mit ca. 90 PS so ziemlich alles eintüten kann, was auf den kleinen Sträßchen und Pässen unterwegs ist.
Heuer also die BMWuppdich! Raifi, mein Flügelmann und Spezi vom Chiemsee kommt einen Tag später und auch mit seiner K. Da ich seine Ahnfahrtroute zum Lago mittlerweile kenne (er lässt keine Kurve liegen), hab ich mir vorgenommen, ihn irgendwo zwischen Riva und Lago di Molveno abzufangen.
Ich mach mich also von meinem Basisquartier in Tignale auf um den Guten auf der Strecke zu überraschen. Schon die Abfahrt von Tignale aus runter zum See ist ein Hochgenuss. Kurve reiht sich an Kurve und der Gripp der Micheleng Peng Peng (MPP) ist genial. Nach Ankunft auf der Küstenstrasse sind Mensch und Maschine bereit für Heldentaten aller Art.
Die Fahrt nach Riva del Garda ist wieder ein abartiges Vergnügen, ich nenne es gerne „Tunnelhopping“. Die Kunst dabei ist, vor dem Ausscheren den richtigen Moment abzupassen um dann im Tunnel mit ohrenbetäubender Drehzahl, Leo sei Dank, an den Dosen vorbei zu donnern. Die bedauernswerten Dosenbewohner werden nur kurz eines Blickes gewürdigt und ihr Applaus in Form von Hupkonzerten begleitet meinen Weg bis Riva.
Schnell ist der mondäne Ort der Schönen und Reichen durchquert und es geht hoch zum Lago die Tenno. Die Strasse schraubt sich in tollen Serpentinen gen Berg, aber außer ein paar Dosentreibern gibt es für mich nicht viel zu tun. Immer schneller wird das Tempo, das Adrenalin rauscht in meinen Adern, ich bin im Flow! Keiner kann schneller, oder etwa doch? Nein, kann nicht sein, wer schneller als ich fährt, ist ein übler, hirnloser Raser!
Vorbei am azurblauen Lago di Tenno komm ich an einer T-Kreuzung zum stehen. Von Links rauscht eine Gruppe italienischer Motorradfahrer an mir vorbei und düst Richtung Tenno Ort. Mhhh, eigentlich muss ich ja nach links, um Raifi abzufangen, aber die Verlockung auf ein deutsch/italienisches Duell vor der historischen Kulisse von Klaus Zumwinkels Castello di Tenno ist zu verlockend.
Also hinterher! Ich laufe auf den letzten der 7 Ragazzi zählenden Meute auf. Der muss wohl hinten fahren weil er nicht schneller kann!? Nach 2 Kehren weis ich Bescheid, der Guzzi Treiber kann es nicht, fährt die Kehren innen an um dann ausgangs voll im Gegenverkehr zu hängen. Ich kenne kein Pardon, vor der folgenden Kehre schaue ich kurz nach unten, kein Gegenverkehr in Sicht, also volles Rohr links vorbei am Guzzisten und in der Kehre außen gerichtet. Üb noch ein bischen mein kleiner Italiener!
Der Nächste bitte! Ein Honda CBR irgendwas Pilot hat mich schon im Rückspiegel gesichtet und fährt Kampflinie. Macht nix, auf der kurzen Geraden hat die BMW genug Power um ihn und seinen voraus fahrenden Kollegen auf einer Monster zu demütigen.
Die Italiener haben Blut geleckt, mitten in ihrem Pulk ein durchgedrehter, deutscher, Klapphelmtragender und unbeugsamer BMW Fahrer! Von hinten wird gedrängelt, aber es hat alles keinen Zweck, den vor mir schlingernden VTR Kutscher schnappe ich mir in einer rechts bergab Kehre innen.
Jetzt noch drei! Langsam macht die Sache Spass, aber es wird immer enger. Die Jungs vor mir können Motorradfahren. Zwei sind auf BMW GSen unterwegs, ganz vorne eine Benelli Tree. Ich mach’s kurz, die Schnabeltiere werden in den kleinen Kehren von Tenno Ort hergebrannt und die Benelli wehrte sich tapfer aber sinnlos bis kurz vor Riva. Am Ortsschild von Riva drossele ich das Tempo und die ganze Meute zieht mit gefühlten 150 km/h an mir vorbei. An der nächsten Ampel stehe ich neben dem Guzzi Treiber, er schaut mich lange schweigend an, nickt dann anerkennend und zwängt ein „bella Moto“ heraus und verschwindet mit seinen Freunden im Großstadtverkehr.
Ich dagegen breche meinen Plan auf Raifi zu stoßen ab und fahre zum Seeufer.
Was für ein herrlicher Tag! Die Sonne spiegelt sich in den Wellen, die Surfer gleiten lautlos übers Wasser, hier könnte ich stundenlang sitzen. Obwohl, hinter Arco schraubt sich doch dieser kleine Pass, Monte Velo nach Santa Barbara rauf, vielleicht habe ich Glück und meine italienischen Freunde haben die gleiche Idee................
Hab ich Euch eigentlich schon mal von den vier Musketieren erzählt? Nein? Nun denn, die vier Musketiere, edle Burschen vom Stamme der Münsterländer sind Vessi, der unbeugsame, graumelierte Heidener sowie Reini, Billerbecker mit Herz und Mut, Gollum der eloquente, herzliche und unerschrockene Quertreiber aus Lünen, als auch meine Wenigkeit dessen Beschreibung ich Anderen überlassen möchte, schließlich bin ich von Haus aus eher der ruhige und bescheidene Typ!
Nachdem Ihr die Protagonisten dieser kleinen Geschichte kennt, bleibt noch zu sagen, dass die Stahlrösser dieser schlagkräftigen Gruppe unterschiedlicher nicht sein könnten. Auch ist die Wahl der eingesetzten Waffen immer wieder erstaunlich und nicht immer Wetterabhängig.
Als da wären, 3 BMW K1200S, BMW R1200RT, BMW R1200R, BMW Megamoto, Ducati Hypermotard und neuerdings auch noch KTM 990 SM.
Auch wer die erste Klasse dreimal wiederholen musste, wird feststellen, das hier mehr Motorräder als Fahrer aufgezählt sind. Niemand kann sagen, welche Zusammenstellung da gerade aufeinander trifft. Die Gefechte die gefochten werden müssen, gehen in den meisten Fällen glimpflich aus. Das ist auf das jahrelange, mit Vehemenz eingeübte Blasen auf diversen Kurvenstrecken zurückzuführen.
Nicht das jetzt jemand auf die Idee kommt, es handele sich um Raser! Weit gefehlt, die Kunst besteht darin, sich nicht erwischen zu lassen. Das kann nicht immer gelingen und einem der Vier wird es deswegen diesen Dezember ziemlich langweilig werden. Es ist nämlich so, das unser Helden bei fast jedem Wetter ihrem Hobby frönen. Wenn Andere im Haus sitzen und vor Langeweile in irgendwelchen dubiosen Internetforen lesen, sind die vier wieder mal unterwegs, immer auf der Suche nach der nächsten Heldentat. Irgendwo gibt es schließlich immer eine Prinzessin zu befreien!
Eigentlich wollte ich Euch ja von einer der vielen Ausfahrten ins Sauerland berichten, aber das Vorwort hat jetzt soviel Platz in Anspruch genommen, dass ich einfach noch näher auf die Eigenarten unserer Haudegen eingehen möchte.
Da wäre z.B. die eigenwillige und manchmal schon exotische Art der Nahrungsaufnahme! Nehmen wir mal Vessi, der kommt zum verabredeten Treffpunkt, der in den meisten Fällen zur der Art Gastronomie zählt, die ich für gewöhnlich als „Friss dich zu Tode Station“ bezeichne, mit selbst geschmierten Stullen, bei uns auch Karo genannt. Man könnte annehmen, dass der Beste geizig sei, aber das weist er mit Vehemenz zurück. Auch hat man schon erlebt, dass er eine Currywurst bestellt, aber bitte nicht mit Pommes, aber 3 Brötchen, denn schließlich hat er Hunger.
Ganz anders dagegen Reini und der Schreiber dieser Zeilen. Wenn es am Straßenrand irgendwo nach Nahrungszubereitung riecht, werden die beiden schon nervös und fangen an auf der Sitzbank rum zu rutschen. Pizza, Gyros, Döner? Gerne! Aber bitte eins nachdem anderen. Man möchte ja nicht der Föllerei bezichtigt werden! Wenn die beiden vom Hunger überrascht werden, geben sie erst Ruhe wenn der Bauch anständig gefüllt wurde.
Aber da wäre ja auch noch Gollum. Er hat ein ausgeprägtes Gespür für Eintöpfe aller Art, kann zu jeder Zeit Essen ohne ein Gramm zuzulegen. Wird in ausgewählten Gasthöfen per Du begrüßt und bekommt auch schon mal eine extra Wurst.
Überhaupt, die Pausen! Da wird der Fahrstil des Vorausfahrenden minutiös analysiert und Bewertet. Man stellt fest, wer grad einen „guten Tag“ hat und wer mal wieder schwächelt. War der Überholvorgang vor ca. 20 km in Ordnung oder hätte man doch noch einen Gang runterschalten können.
Den Motorädern wird natürlich auch gehuldigt, aber nicht dem eigenen. Ein unausgesprochener Codex bestimmt, immer nur dem Moped des Anderen zu huldigen. So werden die Geräte auch schon mal getauscht. Das führt zu noch ausführlicheren Huldigungen beim nächsten Stop.
Gerne werden bei den zahlreichen Pausen auch mal die gesundheitlichen Probleme diskutiert. Da gibt es keine Scham, alles kommt auf den Tisch. Von Hämorriden über Gallensteine, Bluthochdruck und Reizblase, alles ist dabei. Gut das ein Fachmann wie Vessi dabei ist, er kennt sich nämlich bestens aus und kann uns viele Tipps geben! Er will’s ja nicht zugeben, aber ich glaube er hat heimlich 2 Semester Medizin studiert!
Geht der Tag zur Neige und der Rückweg wird eingeschlagen, erhöht sich das Tempo noch mal. Wer jetzt den falschen Gang eingelegt hat, kann sich verabschieden. Aber es ist ja nicht für immer, dass nächste Wochenende kommt bestimmt.......................
Es gibt da so eine Gebirgszug zwischen Gardasee und Verona, vielleicht habt Ihr schon mal von ihm gehört?! Der Monte Lessini. Es handelt sich um die südlichsten Ausläufer der Alpen im Veneto.
Diese Gegend hat mich schon immer fasziniert, fernab von dem Tourirummel des Gardasees, durchzogen von einem feinen Straßennetz, sollte man hier doch nach Herzenslust den Asphalt abfackeln können!
Genau diesen Gedanken hatte ich an einem wunderschönen und sonnigen Tag im September. Glücklicherweise verbrachte ich grade ein paar Tage mit einigen Euch wohlbekannten Figuren in einem kleinen aber feinen Hotel in Tignale.
Da ich aus meinem Herzen keine Mördergrube machen wollte, war es mir ein dringendes Bedürfnis meinen Mitstreitern schon beim Frühstück von meinem grandiosen Plan zu berichten.
An diesem Tag bestand die Mannschaft aus unserem allseits beliebten Chiemgauer Raifi nebst reizender Gattin Thefi, dem jungen Harry der immer irgendwas holden muss, dem Allgäu- und Uhrenexperten DB mit seiner quirligen Lebensgefährtin Rita, der Glühweinkoryphäe und Ebayinsider Klaus der auch gerne mal älteren Röcken hinter her schaut und natürlich mir, der unerschrockenen Spitzenkraft.
Die Reaktionen auf meinen Vorschlag waren, wohl auch angesichts der frühen Tageszeit (10:00 Uhr, adR), noch sehr verhalten. Wie man mir später berichtete, soll es auf der mittleren Hotelterrasse jemanden gegeben haben, der die Farbe von den Wänden geschnarcht haben soll. Ich hab davon nichts gemerkt und wie ein Bär geschlafen. Manche Leute sind halt überempfindlich.
Da die Gegenwehr dank des nächtlichen Störers nur mäßig war, habe ich kurzer Hand den Monte Lessini als Tagesziel erkoren. Eventuell sollte ich noch erwähnen, das ich in früheren Zeiten schon in diesem Gebiet unterwegs war und mich dabei jedes Mal hoffnungslos verfahren habe!
Die letzten Zigaretten wurden ausgedrückt und schon wurde aufgebrochen. Natürlich mit mir an der Spitze, wird es jemals anders sein? Eine rein philosophische Fragestellung, niemand sonst ist so blöde sich italienischen Radarfallen als erster einer Gruppe zu nähern. Aber was tut man nicht alles für seine Freunde?!
Die Abfahrt zum See, ich hab sie schon mal irgendwo geschildert, sollte ursprünglich dem warmfahren des Motors und der Reifen dienen, aber nach 2 Kurven sind die guten Vorsätze über den Haufen geworfen und das wilde Treiben nimmt seinen Gang. Auffällig, dass der junge Harry schon am morgen so nach vorne drängt, aber er hat sicher wieder irgendwelche paarungswilligen Weibchen im Sinn.
Nach Eintreffen auf der Gardesana Occidentale, da schaut Ihr was ich alles kenne, geht es Richtung Riva zum fröhlichen Tunnelblasen. Natürlich in wohlbekannter Art und Weise, mit hoher Drehzahl und bitte immer nur im Tunnel überholen! Bei dieser Gelegenheit stellte sich heraus, dass unser Raifi über hellseherische Fähigkeiten verfügen muss. Er kann um Kurven herum sehen. Grandios! Seine Sozia vertraut seinen Begabungen weniger und droht beim ersten Halt damit, ihm das Gas wegzunehmen. Höchststrafe!
Nun denn, die Schilderung der Ortsdurchfahrt von Riva erspare ich Euch. Wenn man es halbwegs geschickt anstellt, kann man dem Trubel schnell entkommen und so ganz ungeschickt haben wir uns nicht angestellt. Ich halte es für möglich, das zu diesem Tag in Riva demnächst eine jährlich wiederkehrende Feierstunde eingelegt wird. Die Beifallsbezeugungen der Bevölkerung in Form von lauten Schreien und Gestikulieren wiesen zumindest darauf hin.
Weiter ging es Richtung Mori um dort den sagenumwogenen und höchsten Berg der Region zu erklimmen. Der Name des Berges ist mir entfallen, aber Klaus hat mir versichert, dass es sich um den Monte Baldo handeln soll!
In Mori angekommen machten wir uns an die Bezwingung des felsigen Kameraden. Eine sehr kurzweilige Auffahrt, mit breiten Panoramakehren und engen, unübersehbaren Korkenzieher Kurven folgte. Muss ich erwähnen wer als erster den Berg bezwang? Nein, meine Bescheidenheit zwingt mich zu schweigen und Ihr wisst es eh!
Wie es zu meiner Gewohnheit geworden ist, gleite ich gelassen durch die letzten beiden Kurven und lasse die Gruppe aufschließen. Man kann das Grinsen unter den Helmen deutlich erkennen und wir machen eine kurze Pause für die letzten verbliebenen Raucher unter uns. Böse Zungen behaupten, dass diese Gattung bald aussterben wird, ich persönlich glaube nicht daran.
Der blaue Dunst verzieht sich und wir verziehen uns durch das Valle del Molini nach Avio. Keine Ahnung warum das Tal nach Mühlen benannt wurde, aber der Abstieg ist nicht für Schisser! Eng und felsig windet sich die Strecke gen Tal, die Felsüberhänge verhindern glücklicherweise den Einfall von holländischen Wohnmobilen und so dauert es nicht lang und wir erreichen das Tal der Brennerautobahn.
Verglichen mit den kühlen Temperaturen der Berge ist die Hitze im Tal fast unerträglich. Schnell durchqueren wir die Obstplantagen und stoßen bei Brentino endlich auf den Einstieg zum Lessini Gebiet.
In kürzester Zeit pumpen wir uns von 200 auf über 1000 Meter über N.N. hoch. Hier oben ist es erträglicher und wir können uns auf machen, dass unbekannte Gebiet zu erforschen.
Ich weiß genau wo es hergeht, mein Zumo macht keine Fehler! Auf abwechslungsreichen Straßen geht es weiter und weiter, und je weiter es geht, desto weniger habe ich einen Schimmer wo wir sind. Zwischenzeitlich hat mein Navi mir mehrmals zu verstehen gegeben, dass es mich nicht mehr leiden mag. Überall wo ich hin will, will das Navi nicht hin. Wer glaubt ein Navi sei männlich, hat weit gefehlt. Derartige Reaktionen kommen sonst nur von weiblichen Begleitungen.
Egal, nachdem mir das Gerät endgültig die Freundschaft gekündigt hat, gebe ich auf und fahre nach Gefühl. Wer bin ich denn, dass ich mich auf so ein Gerät verlassen muß?! Ich bin der Tourguide und finde den Weg. Basta.
Fortsetzung folgt.......
Meine Mitstreiter sehen das offensichtlich anders! Der Ruf nach Nahrungsaufnahme wird laut. Meuterei! Einige behaupten, sie müssten was trinken und auch noch zur Toilette. Blasphemie! Dazu war schließlich beim Frühstück ausreichend Zeit, ist doch erst 4 Stunden her!
Auf den Gipfel treibt es dann einer der behauptet, wir seinen die gleiche Strasse jetzt schon zum dritten Mal in einer Stunde gefahren. Dreiste Verleumdung, alle sind gegen mich! Um die Stimmung nicht eskalieren zu lassen, halte ich an einem einsamen Gasthof um den Anderen Gelegenheit zu geben über ihr Fehlverhalten nachzudenken.
Der Einzige Mensch den wir antreffen ist eine ältere Signora die mich argwöhnisch mustert. Auf perfektem italienisch frage ich sie, ob wir etwas zu Essen bekommen können. Sie versteht kein Wort! Seltsam, so weit sind wir doch gar nicht gefahren. Nach längerem hin und her ist sie bereit uns ein paar Brote zu schmieren und diese sind belegt mit feinstem Prosciutto Crudo und Formaggio. Meine Gefährten haben sich abgeregt und weisen mich darauf hin, dass bald der Rückweg eingeschlagen sollte.
Als wenn ich so was als Tourguide nicht selbst wüsste! Undankbares Volk! Einer hat die Dreistigkeit mich zu fragen, ob ich wüsste wo wir sind! Natürlich weis ich das! Langsam reicht es!
Ich bin die Ruhe selbst, solche Leute können mich doch nicht aus der Ruhe bringen, mich doch nicht. Hat da eben jemand was gerufen? Pass bloß auf Du!
Ich führe die Gruppe weiter über enge und kurvige Strassen, irgendwo vor uns muss doch das Tal mit der verdammten Brennerautobahn sein? Das Gelände wird flacher, ich bin auf der richtigen Spur! Plötzlich ein Straßenschild „Verona 5 KM“, irgend ein Scherzbold hat das wohl aufgestellt, lustiges Völkchen diese Italiener!
Mittlerweile ist das Gelände flach wie ein Waldmeisterpudding. Große Industriegebiete rücken näher, die Luft ist schlecht und heiß, wir sind in Verona!!!!!!
Wie konnte das passieren, wer ist daran schuld? Ich tippe ja auf das Navi oder vielleicht Raifi? Der hat die ganze Zeit schon so komisch geguckt. Egal, wir müssen hier weg. Navi umprogrammieren und dämliche Kommentare der Begleiter ignorierend fahre ich auf die Schnellstraße. Sind ja nur 40 km bis nach Torri del Benaco zum Fähranleger.
Zäh läuft der Verkehr auf der Schnellstrasse, die parallel verlaufende Autostrada meide ich, kostet schließlich Geld und ich will mir heute Abend nicht anhören müssen, wie teuer der Tag doch war.
Plötzlich eine Hinweistafel, „Gardasee 5 km“ aber mein Navi will weiter geradeaus. Das Teil hat mich heute schon einmal betrogen, also folge ich dem Hinweisschild und schnell sind wir am Südzipfel des Sees in Peschiera del Garda. Von hier sind es nur 25 km bis nach Torri, aber wir sind doch schon 35 km hierher gefahren höre ich es leise aus der dritten Reihe. Na und, repetiere ich, ich wollte Euch auch mal diese Gegend zeigen.
„Aber es ist doch schon Zeit fürs Abendessen und wir haben seit Stunden nichts mehr getrunken“. Ich bleibe ganz ruhig, denke an Meditation, Selbstmord und Hiroschima. Dann kommt mir die Eingebung, wenn wir jetzt noch die 25 km bis zur Fähre fahren und dann noch eine Stunde warten müssen, gibt es im Hotel gar nichts mehr zu Essen! Also lasst uns dem Uferverlauf folgen und wir sind zeitig im Hotel.
So ganz sind meine Mitstreiter nicht überzeugt, schließlich kann ich mich doch durchsetzen und wir fahren weiter. Es ist Sonntag Abend, An- und Abreisetag am Lago, der Verkehr ist nicht nur dicht, er ist nicht mehr als Verkehr zu erkennen!
Wir fahren Kilometerweit auf der Mittellinie an den Blechkarawanen vorbei. Allein der Weg bis ins 10 km entfernet Desenzano dauert eine halbe Stunde. Eine weitere Stunde vergeht bis wir endlich Salo erreichen. Ich bin platt, die Hitze der Verkehr, Hunger und Müdigkeit machen mich fertig. Meine Mitreisenden sind seltsam stil geworden, meine Blicke werden nicht erwidert, keine aufmunternden Gesten mehr. Hier läuft was aus dem Ruder!
Der Weg von Salo bis zur Auffahrt nach Tignale geht wieder etwas zügiger voran, wir drehen die Mühlen bis zum Anschlag. Ein zwischendurch abgesetzter Notruf zum Hotel wird uns wenigstens noch etwas Futter sichern. Am Hotel angekommen, es ist mittlerweile 20:30 Uhr und Don Camillo hat die Abendmesse zelebriert, entspannt sich die Lage.
Dann beim Abendessen, nach ausgiebiger Dusche und auffüllen der Flüssigkeitsreservoire sind alle wieder Freunde.
Mein Hinweis darauf, dass um den See fahren wohl noch nicht so toll ist. Wird beantwortet mit:
„ Wer einmal einen Fehler macht ist ein Depp, wer den gleichen Fehler noch mal macht, ist ein Volldepp“.
Großzügig überhöre ich diese Anspielung und überlege schon,wo wir morgen hinfahren können. Am Lago Iseo soll es tolle Tunnel geben und Brescia ist auch nicht weit...............
Am Samstag morgen um 08:30 Uhr treffen sich 3 beinharte Motorradfahrer auf der Raststätte Münster Nord. Michael mit CBR 1100xx, Ulf (Arbeitskollege) mit TRX 850, und Stefan (Freund von Ulf) mit Ducati 900 Supersport.
Bei 3 Grad Celsius brechen sie gemeinsam zum Nürburgring auf, um sich dort mit Porsche Paul (911 GT 3, 380 PS) zu treffen.
Ankunft 10:15 Uhr brrrrrrr, es ist in der Eifel noch kälter als in Münster.
Frostbeulen an exponierten Körperteilen werden mit heißem Kaffee behandelt.
11:00 Uhr, die Tageskarte oder doch lieber Einzelkarten für die
Nordschleife kaufen ? Sind wir Weicheier oder was, also doch die
Tageskarte.
11:15 Uhr, Paul trifft ein, komisch der friert gar nicht.
11:20 Uhr, ab auf die Rennstrecke, geil die Gänge ausfahren auf der Geraden die ersten Kurven noch ein bisschen vorsichtig anbremsen doch dann Gas Gas Gas. Ups, bei der Fuchsröhre ist die Straße nass, macht nichts Augen zu und durch, wird schon klappen. Nach der ersten Runde, 22 KM, ca 150 Kurven später erster Austausch.
Paul: "wo bleibt ihr denn ?" Michael, 40 Sec.
später: "langsam an." Stefan 30 Sec. später:" Hab euch nicht mehr gesehen, habt ihr ne Abkürzung genommen?" Ulf (Außer Wertung) viel später: "Boh war das Geil."
12:00 Uhr. 2.-3. Runde werden die Zeiten immer besser, der Porsche ist in
den Kurven einfach zu schnell, die Reihenfolge verändert sich nicht.
12:15 Uhr. Michael und Ulf dürfen nacheinander im Porsche mitfahren. Ein
Erlebnis der ganz besonderen Art. Beim Festhalten am Türgriff reißt
derselbe fast aus der Verankerung, Wahnsinn diese Beschleunigung und
Straßenlage mit zunehmender Geschwindigkeit saugt sich das Teil auf der
Straße fest.
12:45 Uhr: Auf zur 4. Runde, Reihenfolge wie gehabt, Michael setzt in
Breitscheid gleichzeitig mit Fußrasten und Verkleidungskiel auf. Der
hinterherfahrende Stefan spricht später von einem tollen Funkenregen.
Reifen sind mittlerweile so warm das mann die Pelle mit bloßen Fingern
abziehen kann. Zwangspause !!
13:15 Uhr: 5. Runde, alles geben, die Strecke prägt sich langsam ein. Doch was ist das? Michael kommt mit hohem Tempo auf die Schikane Adenauer Forst zugeflogen und plötzlich ist keine Straße mehr da . Also Notanker werfen, beim anfahren der Kerbs Bremse loslassen und im freien Flug in Sand/Kiesbett. Maschine gerade halten, vorsichtig abbremsen, puh geschafft.
Das ist noch einmal gutgegangen. Die an der Strecke stehenden Gaffer
klatschen Beifall. Mir egal das wars, ab zu Start und Ziel. Kaum
angekommen sehe ich wie Ulf und Stefan zusammen auf der TRX daherkommen ???
Stefan hatte weniger Glück als ich, beim anbremsen zum Adenauer Forst
schmiert ihm das Vorderrad weg. Maschine überschlägt sich und schlägt böse in die Leitplanke ein. Stefan bleibt bis auf blaue Flecke unverletzt, Gott sei Dank.
ADAC wird alarmiert, Moped abholen. Alle sind sich einig, für einen Tag an der Nordschleife ist genug passiert, ende der Veranstaltung.
Zum Mittagessen in der "Grünen Hölle" (das Restaurant heißt wirklich so)
beruhigen sich die Gemüter allmählich.
Schadensaufnahme:
1 x Ducati 900SS Rahmenbruch und auch sonst ziemlich fertig: Totalschaden ca. DM 25.0000,00
1 x CBR1100xx, Schleifnippel abrasiert, Lackschaden am linken Verkleidungsunterteil, Reifen gar, ca. DM 900,00
1 x TRX 850, außer Spesen nicht gewesen.
16:00 Uhr die Heimreise wird angetreten, bei strahlendem Sonnenschein und 8 Grad plus mit 190 Km/h ab Nachhause, komisch auf dem Rückweg haben es die Motorräder immer eilig in den Stall zu kommen.
Kennt Ihr das? Die Saison geht zu Ende, der Oktober hatte noch ein paar schöne Tage zu bieten, doch nun ist es November. Dunkel, kalt und feucht, an richtiges Motorradfahren ist kaum noch zu denken.
Doch dann, keiner hatte mehr damit gerechnet, zeichnet sich ab, dass das Wochenende unter Zwischenhocheinfluss gerät. Trocken soll es bleiben, Temperaturen im knappen, zweistelligen Bereich und keine oder nur kleinere Verpflichtungen rund um Haus und Garten. Was die LAG natürlich völlig anders sieht! Egal, Frühstück rein geschlungen, warme Klamotten an und der Gattin ein schnelles „bin dann mal weg“ ins Ohr gehaucht.
Das Motorrad ist fix aus dem Schuppen geholt, Tank fast leer. Ab zum Tempel des schnellen Saftes und einige Liter vom Besten einlaufen lassen. Gluckernd ergießt sich der 100 oktanige Edelsprit in meinen Freudenspender. Der freundliche Halsabschneider hinter der Theke nimmt meine Plastikkarte mit einem hämischen Grinsen entgegen. Wahrscheinlich malt er sich grade aus, dass er sich allein von meinen Spritrechnungen ein neues Auto kaufen kann, und es wird kein Kleinwagen sein, Mistkerl dämlicher!
Weiter geht es, den Motor langsam warm fahren wie es sich gehört. Der Treffpunkt für das heutige Schauspiel ist schnell erreicht, und das Ziel auch schon klar, das gelobte Land (Sauerland) soll es sein. Und nicht nur das, wir wollen die verbotene Strecke über den Ochsenkopf besuchen!
Wir, wer ist eigentlich wir werdet Ihr Euch fragen?
Die vier Musketiere, in jeder Polizeistation weit über die Grenzen von NRW bekannt und berüchtigt, der unerschrockene und stets gut gelaunte Reiner mit E, unser allseits beliebter GS Treiber und Race Sachverständige Andreas der keinen Hehl um sein Alter macht, und last but not least der Hasenmann! Ja, Ihr habt richtig gelesen, der Meister der Langohren, Rasenvernichter und Lieferant der edelsten und ausgefallensten Motorradteile ist auch zugegen. Und nicht nur das, er hat ein neues Motorrad dabei. Und nicht nur irgendeines, es ist eine S1000RR!
Hurrah denkt der Ein oder Andere vor der Abfahrt, wir haben ein Opfer!
Gemeinhin denkt man ja, solch ein Geschoss sei zwar auf der Rennstrecke gut aufgehoben aber für die Landstraße denkbar ungeeignet. Aber wie schon Wilhelm Busch sagte „erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“.
Nachdem alle dem neuen Bike gehuldigt haben, geht es auf die Reise. Unser unerschütterlicher Klaus, heute mit der Schiffschaukel (R1200RT) unterwegs, übernimmt die Führung. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo zart besaitete das Lesen einstellen sollten. Ich will nicht viel Worte um die Streckenführung machen. Wie auch? Es geht im rauschendem Tempo entlang der Grenzen des südlichen Münsterland und des nördlichen Ruhrgebiet, Richtung Möhnesee. Sich die Streckenführung einzuprägen ist sinnlos. Die Positionen vorne sind gesetzt, weiter hinten wird um jeden Meter gefightet. Mitten im wilden Pulk kann ich beobachten, wie Klaus sich heldenhaft gegen die Attacken vom Hasenmann wehrt, er holt alles aus dem Boxer raus, kann aber den motivierten, Eierfeilentreiber nicht abschütteln. Ein Hauch von Adrenalin gepaart mit Selbstbewusstsein und Mut liegt in der Luft.
Den falschen Gang drin haben, bedeutet heute unweigerlich nach hinten durch gereicht zu werden. Ich weiß jetzt, warum ich ein Motorrad mit 160 PS fahre!
Aber wartet Burschen, irgendwann kommen die engen Kurven des Sauerlandes und dann, ja dann...............
Bei einem kurzen Ampelstopp erfahre ich von Andreas, dass wir vorhin an einer Radarkontrolle der Rennleitung vorbei gefahren sind. Die erschrockenen Schergen hatten keine Zeit zu reagieren. Die sofort eingeleitete Ringfahndung bleibt erfolglos, wir waren zu schnell aus dem Gebiet raus. Was soll es, die waren für uns eh nicht zuständig, für uns gelten die Regeln der FIA.
Unterwegs gelingt es mir beim überholen einer Dose, dem Fahrer ins Gesicht zu sehen. Die aufgerissenen Augen, den Mund weit offen, angstverzerrt starrt er mich an. Ein bisschen leid tut er mir schon, aber ich habe keine Zeit für Träumereien, ich hab schon wieder 10 Meter auf Reini verloren!
Vorne alles unverändert, Meister Langohr klebt Klaus am Hinterrad, wartet nur auf einen Fehler. RRespekt, da kann einer Motorradfahren. Hinten, bedingt durch den Gummiband Effekt, müssen die Gänge schnell gewechselt, die Drehzahl hoch gehalten werden. Aber wir lassen es nicht abreißen, immer auf Sichtweite rasen wir der Führungsgruppe hinterher!
Rennabbruch, wir erreichen den Möhnesee, gut so. Beim Indianer Häuptling Geronimo werden die Fahrfehler der Anderen minutiös analysiert, Meister Lampe wird in den Kreis der Unerschrockenen aufgenommen und den körperlichen Gelüsten wird in Form von Eintöpfen, Pizza und sonstigen Leckereien genüge getan.
Irgendjemand wirft in den Raum, dass Tempo sei aber anspruchsvoll gewesen, mit Vehemenz wird protestiert! Alles eine Frage der Einstellung, mentaler Vorbereitung und dem festen Willen nicht schneller zu fahren als mit aller Gewalt geht!
Nach der Völlerei geht es zügig weiter in die Berge. Immer noch auf das Tempo des Vormittags gebrieft, wundere ich mich über die Geschwindigkeit. Jetzt wo mein Revier, meine Hausstrecken, meine Lieblingskurven kommen, nimmt Klaus den Dampf raus. Immer noch zügig, überholt hat uns keiner, nehmen wir eine Kurve nach der anderen. Motiviert hänge ich hinter Reini, manches Mal komme ich seinem Hinterrad gefährlich nahe, aber er kann nicht schneller als sein Vordermann und überholen ist auf diesen engen Strecken sowieso nicht drin.
Die Hellefelder Höhe wird angesteuert, heute ist es die Hölle. Feuchte Strassen, nasses Laub auf der Ideallinie, hier ist kein Stich zu machen. Ab zum Ochsenkopf!
Es ist ja gemeinhin bekannt, dass diese Strecke an Wochenenden für den Motorradverkehr gesperrt ist, einerlei, selbstbewusst lenken wir in die Zufahrtsstraße ein, nicht ohne den Blick weit schweifen zu lassen. Irgendwo könnte sich ja einer dieser Spaßbremsen mit Kelle versteckt haben. Wir haben Glück, können die Omegakurve genießen, die wenigen Autos sind rasch überholt, und schon sind wir über eine der schönsten Strecken in Sundern angekommen.
Von hier geht es zum Sorpesee, heute kann Stavros allerdings nicht mit uns rechnen, wir kehren ein im edlen Hotel Seehof, nehmen hier unseren Kaffee ein und beschließen ob der vorgerückten Stunde den Heimweg einzuschlagen.
Über den Rückweg will ich nicht viele Worte verlieren. Auf der Autobahn sind wir ähnlich schnell wie am Vormittag unterwegs, nur viel entspannter! Winkend verabschieden wir uns an den diversen Autobahnausfahrten voneinander und fahren Heim.
Wer Anstoß an dieser Geschichte nehmen will und den Moralapostel raus hängen lassen will, dem rufe ich freundlich zu: „Glaub doch kein Wort von meinem Geschreibsel!“